HARALD {8.3.2019}
Im letzten Blog-Beitrag war vom Annehmen die Rede. Das Nehmen ist die eine Seite der Liebe, das Geben die andere. In diesem Geben und Annehmen erfahre ich mich auch selbst. Ich erkenne, wer ich bin, erfahre etwas von mir und über mich.
Im Falle des Annehmens war von einer Haltung des Wohlwollens die Rede. Wie verhält es sich nun mit dem Geben? Eine Grundvoraussetzung des Gebens ist, dass man überhaupt etwas „hat“. Das versteht man im materiellen Bereich leicht. Ich überlasse meiner Liebsten meinen Apfelstrudel. Er war das letzte Stück in der Vitrine und ich habe ihn bekommen. Jetzt gebe ich ihn weiter.
Dieses Haben und dann Geben geht nicht nur bei Süßspeisen, sondern auch bei nicht-materiellen Gütern. Ich muss auch Liebe, Lust und Zärtlichkeit zuerst haben, um all das verschenken zu können. Das Schöne dabei ist, anders als beim Apfelstrudel, dass die Liebe nicht weg ist, wenn ich sie verschenkt habe. Bekanntlich vermehrt sie sich bei Teilung.
Wobei das Bild nicht ganz stimmt, weil man Liebe eben nicht hat wie ein Stück Apfelstrudel, sondern eher in Liebe ist. Ich bin zärtlich, verliebt und voll Lust. Mein Geben ist daher ein Mich-Zeigen. Ich zeige dir, dass ich dich liebe (und hoffe, dass du das wohlwollend annehmen kannst).
Wenn ich voll Liebe bin, dann zeige ich es gerne – durch kleine alltägliche Zärtlichkeiten oder durch größere liebevolle Zuwendungen wie etwa eine Massage. Ich tue es und will nichts dafür. Es ist kein Deal, es ist eben Liebe. Das Geben ist ein Schenken und diese Art von Schenken ist voll Vertrauen. Ich weiß schon, dass ich auch wieder einmal an der Reihe bin, aber nicht jetzt. Jetzt schenke ich und habe Freude daran. Ich gebe nicht, um etwas zurück zu bekommen. So wie das Annehmen eine Haltung des Wohlwollens braucht, so braucht Geben eine Haltung der Großzügigkeit. Ich gebe, weil ich will, weil es schön ist und Freude macht. Ich biete nichts zum Tausch an, sondern habe ein Geschenk zu machen. So ist das Geben von einem Füllebewusstsein begleitet.
Veronika: Geben hat für mich auch mit Hingabe zu tun. Wenn ich mich ganz dem Fluss der Liebe, des Lebens, der Freude hingebe, dann fließt etwas durch mich durch, das sich als Gabe weitergeben kann und mag. Wie eine Quelle, die die Schale füllt und wenn die Schale gefüllt ist, fließt sie über. Sie verschenkt sich und ihre Gaben an die Welt, an die Person, an den/die GeliebteN, weil sie in Hingabe ist. Das ist meine größte Erfüllung, in dieser Hingabe sein zu können!
Das ist das Ideal – eine Partnerschaft aus osziliierendem Wechsel von Wohlwollen und Großzügigkeit, Gabe und Hingabe.
Wir sind nicht immer im Ideal. Manchmal können wir nicht geben, manchmal wollen wir nicht. Mehr dazu nächstes Mal.