HARALD: Lieber Mann. Jetzt wo Du meinen Rat befolgt und Veronikas Statement gelesen hast, mag ich noch etwas von Mann zu Mann dazu sagen.
Veronika ruft die Frauen auf, sich den Mangel an Zärtlichkeit nicht mehr gefallen zu lassen. Sie mögen Schluss machen damit, etwas auszuhalten. Etwas aushalten, durchstehen, die Zähne zusammenbeißen, keinen Schmerz kennen – sind das nicht vertraute Termini für uns Männer? Wir haben das so gelehrt bekommen. Unser Arbeitsalltag sieht umso eher so aus, desto anspruchsvoller die Position in einem Unternehmen ist. Sei mal zärtlich als Marketingleiter. Red’ mal von Liebe als Personalchef. Es gehört nicht wirklich zur Jobdescription.
Du arbeitest die ganze Woche, bist vielleicht tagelang von zuhause fort, planst, strukturierst, bist tough, powerst dich aus, …! Dann kommst du am Freitag um 19 Uhr nach Hause und willst das, was du entbehrt hast – Zärtlichkeit, Liebe, Sex. Und da stellt sich plötzlich heraus, dass das so nicht geht. Zärtlichkeit, Liebe und Sex sind keine Bringschuld. Es ist nicht etwas, was die Frauen uns Männern schulden und für uns aufstauen, während wir uns irgendwo den Arsch aufreissen. Die Frauen haben währenddessen selbst geschufftet und dasselbe entbehrt.
Im Job auszubrennen, ist kein Zeichen von Selbstliebe. Tough sein, durchbeißen – keine Symbole für Zärtlichkeit. Wie wollen wir denn zärtlich anderen gegenüber sein, wenn wir es uns selbst gegenüber nicht sind? Wenn wir als Männer dann masturbieren, entspricht es dem Druck aus dem Arbeitsalltag: schnell, heftig, zielorientiert. Spannung, Reibung, Entladung.
Was kannst du tun? Du kannst Zärtlichkeit in dein Bewusstsein holen. Das ist kein Luxus. Es ist das Eigentliche. Es ist das, was du willst. Also hol es in dein Bewusstsein, auch im Arbeitsalltag. Es heißt einfach zärtlich denken, liebevoll denken. Zwischendurch. Stell dir den Wecker. Mach Zärtlichkeitspausen im Job. Schreiben deiner Frau ein SMS. So hältst du die Verbindung zu jenem Menschen, den du liebst. Das geht nicht zusammen – tough sein und Zärtlichkeitspausen? Ach komm, sonst geht ja auch alles im Multitasking.
Wenn du nach Hause kommst, erzähl wie es dir geht. Viele Managermänner meinen, sie wollen am Abend ihre Frau nicht mit dem Quatsch aus dem Job belasten. Es geht auch nicht darum, endlose Trauer zu verbreiten, sondern von dir zu erzählen. Was gerade los ist, wie es dir geht. Zeig dich als Mensch. Sag, was sich in dir abspielt. Das schafft Verbindung.
Und hör deiner Frau zu. Frag wie es ihr geht, was bei ihr los war, was es mit ihr gemacht hat. Schenk ihr deine Aufmerksamkeit und würdige ihren Alltag, so wie sie deinen würdigt. Jetzt seid ihr wieder zusammen. Zuerst im Austausch, dann vielleicht in einer Umarmung. Der Austausch ist die Vorbereitung für die Umarmung. Und wenn du masturbierst, lieber Mann, dann probier es einmal – zärtlich.